IFI STIFTUNG
WIE DIESES BUCH ENTSTANDEN IST
Tja, - wie war das so? ... aus Sicht eines Betreuers, der „seine“ Jugendliche nach Jahrzehnten wiedergesehen hat und dann mit ihr ein Buch über ihr Leben und auch über die Betreuung damals in der Jugendwohngemeinschaft geschrieben hat?
Gute Frage – nächste Frage? Nein.
Gerne will ich darauf antworten, denn es ist etwas Besonderes „ehemalige Jugendliche“ wieder zu treffen. Heute heißen sie „Care-Leaver“ – begrifflich zwar hübsch anglifiziert, aber dennoch damit festgelegt auf die besonderen Phasen in ihrem Leben, in denen das Leben im Herkunftssystem nicht gelungen ist. Dazu gehört Maike auch, aber ich würde sie nie als Care-Leaverin bezeichnen. Sie hat so viel in ihrem Leben bewältigt – ob care oder nicht, dass es für mich eher darum geht, so wie es eine Leserin einmal ausgedrückt hat: Vielen Dank dafür, dass Maike immer produktive Lebenszusammenhänge aufgesucht hat, bei dem, was ihr passiert ist.
Klar, finde ich auch. Was die erneute Begegnung mit Maike für mich aber auch besonders gemacht hat ist die Tatsache, dass sie ihr Leben in Sprache gebracht hat. Sie hat sich selber und uns mit ihrer Geschichte „beschenkt“, indem sie Worte gefunden hat und damit ihren Erlebnissen eine Gestalt gegeben hat – Erkenntnis und Bedeutung gehen einher. Das weiß jeder, der einmal damit begonnen hat, sein Leben oder Episoden daraus aufzuschreiben und damit auch Erlebtes zu verarbeiten, zu sortieren, aufzuräumen, wie Maike es mir gegenüber einmal erwähnte. Das braucht Mut und das kostet Energie. Je nachdem, was in Sprache gebracht wird, braucht es auch Unterstützung.
Es hatte mich gefreut, dass es Maike und mir möglich war, ihr sprachliches Potenzial zu entdecken und zu entwickeln. Okay, das ganze Vorhaben war nicht einfach und hat Beteiligte auch an Grenzen gebracht, aber im Nachhinein würde ich sagen, da haben wir auch noch einmal dazugelernt, was so alles schiefgehen kann, wenn man ein Buch schreibt, und wie sehr Achtsamkeit, Durchhalten und Kreativität uns helfen, auch schwierige Phasen zu überwinden. Gemeinsam ist das auch möglich und das Zueinanderstehen bedeutet eben auch Kontakt und dann sind wir schon wieder bei Ausdruck und Sprache: Das Miteinander hält uns in dieser Welt.
Dr. Rolf Kötterheinrich
Herausgeber